Dienstag, 18. September 2012

Bourne oder nicht Bourne – das ist hier die Frage

Samstag war ich im Kino um mir „Das Bourne Vermächtnis“ anzusehen. Dieses Mal ganz ohne Matt Damons Jason Bourne, dafür mit Jeremy Renners Aaron Cross. Um es gleich vorweg zu nehmen: Ich mag Jeremy Renner. Aber keine Angst, ich werde jetzt nicht in eine Kleinmädchen-Schwärmerei verfallen und den Film einfach als total super durchwinken. Ich bin aber, anders als die Hardcore-Damon-Fans, auch nicht der Meinung, dass Bourne ohne Bourne nicht geht.

Eine kleine Warnung vorab: SPOILERS!!! Wer nichts über die Handlung des Films wissen will, sollte hier nicht weiterlesen!

Die Ereignisse des Films spielen zeitgleich mit denen im dritten Teil, womit einerseits sehr klar ist, warum Jason Bourne nicht mitspielt und andererseits, warum Aaron Cross und die anderen Agenten des Projekts Outcome ausgeschaltet werden sollen. Bourne hängt schließlich gerade die Existenz von Treadstone an die große Glocke. Und die Chefs von Treadstone und Outcome haben wohl auf mehreren öffentlichen Veranstaltungen zusammen einen gehoben, wovon auch Bilder auf Youtube aufgetaucht sind. Alleine die Möglichkeit, dass irgendjemand von diesen wenigen Bildern auf mehr schließen könnte, reicht den Oberbossen aus, um das Projekt komplett einzustampfen. Das gelingt auch hervorragend: nur Aaron Cross entkommt dem Ganzen.

Leider kann er aber nicht einfach untertauchen und sich darüber freuen, dass alle denken, er wäre tot. Anders als Bourne, schluckt Cross nämlich täglich eine blaue (fürs Hirn) und eine grüne (für die Muskeln) Pille, um seine gesteigerten Fähigkeiten aufrechtzuerhalten. Sonst war‘s das nämlich nicht nur mit dem Update zum Homo Sapiens 2.0, er verwandelt sich außerdem in ein sabberndes Etwas mit dem IQ eines Schafswollpullovers. Verständlicherweise hat er da nicht wirklich Lust drauf. Also macht er sich auf die Suche nach der Ärztin, die ihn im Projekt in regelmäßigen Abständen untersucht hat (Martha, gespielt von Rachel Weisz), damit diese ihm seine Drogen besorgt.

Die hat zwar keinen Zugang zu irgendwelchen Pillen, klärt ihn aber darüber auf, dass er die grüne Pille sowieso nicht mehr braucht, weil sie ihn vor einiger Zeit mit dem lebenden Virenstamm infiziert hat und er jetzt für immer stark ist. Das gilt leider nicht für die blaue – es besteht also weiterhin die Schafswollpullover-Gefahr. Gibt es denn nicht das blaue Pendant des grünen Virus? Doch gibt es. In der Fabrik in Manila, in der auch die Pillen hergestellt werden. Na also, dann nichts wie hin nach Manila. Hier hätte ich übrigens so einen Szenenübergang schön gefunden, wie er in der alten Batman-Serie mit Adam West immer üblich war.

Und was kommt danach? Kurz gesagt: nach Manila, in die Fabrik, Virus gespritzt, entdeckt und fast aufgehalten worden, aber entkommen, Virus verursacht schlimme Krankheitssymptome, in Hotelzimmer versteckt, um die Symptome auszukurieren, auch wieder entdeckt worden, Symptome haben zum Glück nachgelassen, Verfolgungsjagd mit örtlicher Polizei und einem Super-Super-Agenten vom Projekt Larx (WTF???), Super-Super-Agent ausgeschaltet, Polizei entkommen, auf einem Fischerboot zwischen den Inseln vor den Philippinen dahin schippern, Film zu Ende.

Wie – das fandet ihr jetzt etwas schnell? Ja, ich auch.

Nachdem der erste Teil des Films sich wirklich viel Zeit nimmt, Aaron Cross als Charakter einzuführen, zu erklären, warum er getötet werden soll und ihn Martha retten lässt (die natürlich auch getötet werden sollte), geht es spätestens ab dem Mittelteil alles sehr schnell und irgendwie auch viel zu einfach. Bis auf, dass Cross einmal mitten im Schritt stoppt und kurz ins Leere starrt, gibt es keinerlei Anzeichen dafür, dass die Wirkung der blauen Pille so langsam nachlässt. Und zwei Sekunden später hat Martha ihm dann auch schon das Virus gespritzt und es geht ihm zwar für etwa 24 Stunden nicht ganz so gut, aber danach ist er wieder fit wie der Super-Agent, der er ja ist. Hier hätte ich deutlichere Auswirkungen des Entzugs interessanter gefunden, vielleicht sogar, dass Cross komplett außer Gefecht gesetzt wird und Martha ihm das Virus alleine besorgen muss, weil sie genau weiß, dass sie ohne ihn aufgeschmissen ist. Vor allem, da Jeremy Renner durchaus in der Lage ist, so etwas überzeugend darzustellen. Diese Möglichkeit hätte man ihm ruhig bieten können.

Und dann gibt es eigentlich den Rest des Films nur noch Verfolgungsjagd und plötzlich ist alles vorbei und sie sitzen händchenhaltend auf dem Schiff, keiner scheint mehr nach ihnen zu suchen und alles ist Friede, Freude, Eierkuchen. Ja, ich weiß auch, dass da noch ein weiterer Teil kommt, ist ja klar. Aber den Film so ganz ohne einen Hinweis darauf enden zu lassen, dass die bösen Oberbosse noch nicht aufgegeben haben, vor allem da Aaron und Martha auch noch den Larx-Super-Super-Agenten platt gemacht haben – da fehlt mir persönlich was. Oder der Hinweis war so kurz, ich habe ihn einfach nicht mitgekriegt – was aber im Grunde genommen aufs Gleiche rauskommt.

Im Großen und Ganzen fand ich den Film gar nicht schlecht. Prinzipiell ließ er sich gut gucken. Aber man hätte einfach noch mehr draus machen können.

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